Dienstag, 17. August 2010

Land ohne Döner

Mich hat es am Wochenende in den Spreewald verschlagen. Diese Region ist durch 20 Jahre Wirtschaftskrieg und Wiederaufbau nahezu entvölkert. Unter schütteren Gurkenbäumen und auf flachen Booten hausen dort die letzten Eingebornen im Sumpf. Die Restbevölkerung besteht zum einen Teil aus verbitterten Brandenburgern, der Rest sind sorbische Slawen. Man trifft unter den Touristen vor Ort kaum Leute aus der Berliner Mitte. Wahrscheinlich liegt das daran, daß es an den Ufern der Spreearme, der vielen Fließe und Kanälchen keine Gastronomie mit Service-Türken und Bringmal-Indern gibt. Auch Animations-Afrikaner trommeln dort nicht auf Bongos und kein Romantik-Roma verkauft Rosen am Tisch. Junkies und Motzverkäufer sucht man/frau vergebens. Die Zeitung der „Wasserstraßenfeger“ steckt noch in den Kinderschuhen. Anstelle dessen öffnen ortsansässige Arbeitslose für kleines Geld (10-20 Cent pro Nase) dem Reisenden die Schleusen für sein Boot. Die Servicekörper in der Gastronomie sprechen einen (in grammatikalisch richtigem) Deutsch an und erwarten vom Gast Gruß, Abschied und minimalen Benimm. Von Kindern wird ein antiquiert-altersgerechtes Verhalten und eher kein Vandalismus erwartet. Es werden exotische Speisen wie Hecht, Rindsroulade und ein saurer Gurkenteller gereicht. Das ist gewöhnungsbedürftig und nicht sehr attraktiv, wenn man/frau/kind von "zu Hause" an Spätzle, Döner, Antipasti und eine gemischte Truppe aus Service-Sklaven gewöhnt ist, die auch ein Zweijähriger lautstark und ungestraft terrorisieren darf. Das Land im Gurkensumpf ist echt exotisch. Deswegen, und weil es dort nicht mal einen Gammel-Döner gibt, empfiehlt Lonly Planet, dieses Gebiet weiträumig zu umschiffen.

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