Samstag, 24. Juli 2010

Geheimtipp Eckkneipe (nur für Touristen, Studenten und „Kreative“)

Habe gestern 13-14.30 MESZ in einer echten prolligen Eckkneipe (Raucherlokal, Eintritt erst ab 18) die BZ studiert. Interessant, was diese Zeitung sagt, dass der Kaiser will, was seine Unterthanen so alles (nicht) denken dürfen... Während dieser anspruchsvollen Lektüre reicht mir [bar-]frau stilecht in kleiner Molle Schultheiss („Schultheiss – wenn alles getan ist“ – sagt mir das Werbeplakat über dem Tresen). Die dürre Bedienung, die in ein rotes Fähnchen gekleidet ist, ein Vierziger mit Bauch und ein Blaumann mit Glatze werfen Pfeile in die Ecke, und die Dartmaschine dudelt getroffen. Der Servierkörper war auf 30/minus geschmunken. Das hätte bestimmt gut & glaubhaft ausgesehen, wäre ihr Gesicht weniger mannigfaltig gewesen. Marskanäle & Mondkrater sind halt schwer zuzuspachteln... Als ich beim zweiten 0,3er-Glas Schultheiss saufend saß, ging der Dicke (dabei lallend zum Abschied alle grüßend). Die Bedienung zog dann die Stöckelschuhe aus und brachte mir ein drittes Glas gelben Kopfschmerzes mit weißem Schaum drauf. Für sich und den Blaumann mischte sie hinterm Tresen Futschis (der „Futschi“ ist ein sehr unbekömmlicher Longdrink – bereitet aus Goldi [Wilthener Goldbrand] und Coca Cola, Trunkenheit für 5€ ist garantiert). Ich blätterte weiter in den Bildern der BZ und musste dabei hören, wie die barfüßige Bedienung Hits von Vorgestern aus der Musikbox ließ. Beobachtete aus dem Augenwinkel noch eine Viertelstunde das echte altberliner Treiben. Als die barfüßige Bedienung leicht schwankend die vierte Doppelrunde Futschis als Zielwasser für das gemischte Dart-Doppel mischen wollte, zahlte ich schnell und ging meines Weges.

So etwas wird es nicht mehr lange geben, eine echte Schultheiss-Kneipe an einer Ecke, in der sich die echten Proleten wie wahre Berliner benehmen. Wird bestimmt auch vom Rot-rotten Senat nicht unter Bestands- und Naturschutz gestellt.

Nun der Geheimtipp:

Touristen, Studenten und „Kreative“ sollten besser noch nicht wissen, wo die Eckkneipe ist, denn sonst wird eine nutzlose Cocktailbar oder ein teurer Szeneschuppen daraus gemacht, bevor die Investoren ohnehin alles zertrümmern... und ein „Geheimtipp“ ist ohnehin eine contradictio in äh... erectio oder so, etwas, was, das gar nicht geht, denn ein Tipp (=Hinweis) und ein Geheim(-nis) sind per definitionem zwei Paar Schuhe, zwei Sachverhalte, die einander zu 100% ausschließen.

Ich entscheide mich wie immer in solchen Fällen für das Geheimnis, und hier der Tipp:

Geht doch einfach in die Coctail&Lattelokale (Die "Gehimtipps" stehen alle alphabetisch in der ZITTY oder in Lonely Planet Berlin)

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